Ob es eine gute Idee ist, an dem Tag, an dem man um 5:30 Uhr geweckt wird (Bääääähbyphone!!) und am Vormittag schon suptropische Verhältnisse herrschen, den Kurs eines Staffellaufes mit dem Mountainbike abzufahren: Eigentlich nicht!
Trotzdem habe ich mich gegen Mittag auf den Weg gemacht. Mit der Bahn bis nach RU. Und auf dem Marktplatz das GPS gestartet.
Um es vorweg zu nehmen: Die Planer des Kurses haben auf die möglichst direkte Überwindung von Anstiegen gesetzt. Kaum ein Weg dieser ersten Etappe, den man nicht auch problemlos durch eine Treppe hätte ersetzen können. So wie zum Beispiel den Heckeweg in Rudolstadt. Erster Anstieg – gleich mal absteigen. Nur nicht schon zu Beginn die ganzen Körner verheizen. Enstpannt bis ins Pörztal und ebenso weiter bis hoch zur Debra.
Dort – auf völlig neuen Pfaden wieder runter, wieder (übelste Sorte und nix für Leute mit einer Ameisenphobie) rauf und abwärts Richtung Oberhasel. Die Abfahrt verpasst, umgekehrt und den Einstieg zwischen meterhohen Brennnesseln gefunden. In Oberhasel um die Kirche rum und puuuuaaah der nächste Anstieg. Wieder runter vom Rad und das Ding geschoben bzw. getragen. Straight Uphill.
Oben dann in die Wälder meiner Kindheit und weiter nach Mötzelbach. Meine Großeltern wohnten hier, bis sie die Rentenkasse der DDR ent- und die der damaligen BRD belasten wollten. Die Gegend ist traumhaft. Das Etappenziel kann man in einiger Entfernung schon erkennen.
In Mötzelbach zu lange ins Dorf geschaut und wieder ne Abfahrt verpasst. Zurück und runter den Hang bis zum Weidezaun. Wieder durch die Nesseln auf die Nachbarwiese rüber und wieder in den Wald hinein.
Das es im Wald kühler ist, wissen nicht nur die Menschen. Fluginsekten aller Art wissen das auch und nerven dann auch gerne in Scharen. Bergan kann man dem nur schwer entkommen. Im nächsten Teil wechselt gebundener Schotter immer wieder mit Asphalt ab. Hinter Dorndorf gings dann vorerst gemächlich zum Schauenforst hoch. Nicht lange, leider, denn hier erwartet die Läufer die finale Klatsche. Ich wollte es erst nicht glauben als mir das GPS “Links ab” befahl. Alp d´Huez im Mittelgebirge? Das gings so derartig steil nach oben, dass man fast einen Genickstarre bekommen hat. Immerhin war die Strecke bereits für den Lauf präpariert. Hier wurde ein Weg in den Wald gefräst, der 90 Hm nach oben geht. Am Ziel war ich satt.
Der Weg war bis hierhin schon wahrhaft kräftezehrend. Ich hab mit dem Rad geschlagene zwei Stunden gebraucht. Trotz der drückenden Hitze und der wirklich nicht optimalen Kondition – ein erbärmlicher Wert. Das man mit dem Bike auf so einem Kurs nicht automatisch schneller ist, weiss ich seit ich mal mit Markus durch die heimischen Berge gehechelt bin. Markus spielt ja zweifellos einige Fitness-Levels höher, aber es brauchte schon eine längere komfortable Abfahrt um den Kollegen wieder einzuholen. Wenn ich also konditionell in der Lage wäre, diese Strecke zu laufen, würde ich bestimmt
2h 15min unterwegs sein. Wer will mich in sein Team? Richtig, keiner!
Am Ziel der ersten Etappe brüllte mich der kranke Ehrgeiz an: Los, die nächste Etappe soll die schönste sein! Nochmal 22 km müssen drin sein! Ja, das Wasser ist fast alle, aber im nächsten Tal gibts bestimmt ne Quelle! usw. Also weiter.
Natürlich bergauf. Bis zur “Hohen Straße”. Die kannte ich schon von einer früheren Osterwanderung. Ein prima Weg zum Laufen. Fürs MTB etwas zu glatt, aber nur kurze Zeit und schepper, schepper wieder im Wald unterwegs. Oben dann ein wunderbarer Blick in den Reinstätter Grund mit seinen steilabfallenden Kalkwänden. Ein schöner Weg mit wunderbaren Sichten in die Landschaft.
Wieder ging es bergab, durch teilweise kniehohes Gras, dann Schotter und dem einzigsten Mountainbiker auf der gesamten Strecke, ein Stück Straße und wieder in den Wald und nach oben, einzelne schöne Gehöfte und dann – ein völlig skuriler Ort, an dem ein Künstler sein Refugium geschaffen hat. Dort gibt es einen “Garten der Stille”, voll mit Skulpturen die vornehmlich barbusige Fräuleins im Elstergefieder und gefiederte Pärchen zeigen. Wirklich interessant
Weiter ging es nach Rodias hinauf. Schon im letzten Dorf war mein Wasservorrat erschöpft. Bei den Temperaturen mach sich das sofort bemerkbar. Man tritt deutlich langsamer und schwerer.
In den Feldrain hinein und weiter Richtung Etappenziel Maua. In Schirnewitz endlich siegt der Verstand über den Ehrgeiz. Ich war mittlerweile so weichgekocht, dass ich den ansteigenden Höhenlinien über den Totengrund eine Absage erteilte. Mein Zustand hätte den Namen des Tals neuerlich gerechtfertigt.
Da es in Schirnewitz keine Kneipe gab, rettet mich der Wirt im nächsten Ort vor dem Hitzetod. Ein Glück – Apfelschorle in die trockene Kehle und weiter Richtung Rothenstein. Am eigentlichen Etappenziel Maua gibts keinen Bahnhof. So oder so, ich hätte nach Rothenstein fahren müssen. Nach kurzem Intermezzo auf der B 88 mit letzten Anstieg über den bekannten Rothensteiner Hügel war ich dann endgültig bedient. Der Zug kam erst in 50 min und ein sensationelles Bauernfrühstück im “Helenenstein” am Sportplatz verhinderte den sich abzeichnenden “Hungertod” in vollem Maße. Ich war randvoll mit Eiern und Bratkartoffeln. Ich schleppte mich zum Bahnhof wie der Wolf zum Brunnen – Ziegelsteine, Geißlein, alles klar? Rein in den Zug und nach Hause und jetzt, jetzt geh ich ins Bett und schlafe wie ein Stein.